17. Der Stammtisch in Altos, neue Menschen viele Geschichten
- Steffi Semla
- 27. Juli
- 3 Min. Lesezeit

Kurz nach 16:00 Uhr machen wir uns auf den Weg nach Altos – leider ohne Chris, der mit einer Grippe flachliegt. Der Stammtisch beginnt zwar erst gegen 17:00 oder 17:30 Uhr, je nachdem, wann die Leute eintrudeln. Witzigerweise nimmt hier niemand die Pünktlichkeit allzu genau. Müssen wir etwa eine Stunde fahren? Ich hoffe nicht, denn ich bin von den letzten Tagen noch völlig im Eimer. Dann fällt mir wieder ein, dass Moni auf dem Weg noch einiges erledigen wollte.
Erster Halt: Athyra. Zum ersten Mal sehen wir den einheimischen Baumarkt – und ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen. Überrascht staune ich über das Sortiment: Von Töpfen und Kannen bis hin zu Gummimatten gibt es hier alles.



Die Mitarbeiter verladen Monis Einkäufe auf die Ladefläche, und weiter geht’s zum Kaffeeröster. Ja, richtig gelesen – Kaffeeröster! Im Supermercado bekommt man zwar alle möglichen Kaffeesorten, von Instantkaffee bis zu gemahlenem Kaffee, aber ganze Bohnen? Fehlanzeige.
Beim Kaffeeröster angekommen, warten wir geduldig. Moni geht mit Tilo hinein, und die beiden besorgen Kaffee für die halbe Nachbarschaft. 😂 Wieder einmal stelle ich fest: Hier hilft man sich gegenseitig, ohne Erwartungen oder Bedingungen. Tranquilo – ganz wichtig! Wenn es passt, dann passt es. Und wenn nicht, ist es auch nicht schlimm. Nein, das hat nichts mit einem „Dritte-Welt-Land“-Klischee zu tun! Ich will das ausdrücklich betonen. Man bekommt alles, irgendwie. Die Frage ist nur: Wo? Wie lange muss man dafür fahren? Oder wer kann es mitbringen? Genau deshalb ist dieses Netzwerk so wertvoll.
Endlich fahren wir weiter nach Altos, und inzwischen haben wir einen Bärenhunger.

Im Restaurant Posada Satoro geben wir gleich am Eingang unsere Bestellung auf.

Wir werden herzlich mit Umarmungen begrüßt – zuerst vom „Ältesten“, Alfred, dann von allen anderen. Ich bin neugierig. Die ganze Szenerie erinnert mich ein wenig an ein Kuriositätenkabinett, und ich muss schmunzeln.
Kaum haben wir uns alle einen Platz gesucht, wird fröhlich gequatscht. Immer wieder tauchen neue Leute auf und gesellen sich dazu. Unter anderem erscheint eine ältere Dame mit Hund – und augenblicklich scheint sie von Lars begeistert zu sein. Ich kann sowas nicht, also mache ich mich vom Acker, setze mich lieber zu Tilo und quatsche mit einem jüngeren Typen, dessen Namen ich leider vergessen habe. Ich nenne ihn einfach Hugo.
Er erzählt mir seine Geschichte, wie er nach Paraguay gekommen ist. Ich fasse es mal zusammen: Im März 2024 hat er sich das Land angesehen, ein Grundstück samt Haus gekauft und ist schließlich im Dezember 2024 mit Frau und fünf Kindern ausgewandert. Zwei Tage nach der Ankunft ist seine Frau wieder nach Deutschland zurückgeflogen – „Nicht mein Land“, sagte sie. Jetzt sitzt er mit den Kindern alleine da. Ach, herrje, denke ich. Irgendwie tut er mir leid.
Zwischendurch beobachte ich Lars und die Dame und überlege ernsthaft, ihn zu retten. Ich versuche, meinen alten Sitzplatz zurückzuerobern – hat geklappt! Doch prompt kommt der nächste Kracher: Uns gegenüber setzt sich eine Frau Mitte fünfzig, die wohl Karin heißt. Sorry, es waren einfach zu viele Menschen und zu viele Geschichten – und vielleicht war auch der Caipi schuld, dass ich mir nicht jeden Namen merken konnte. Dafür haben sich die Geschichten eingeprägt, und das ist ja wohl viel wichtiger! Jedenfalls nuschelt sie beim Sprechen, und ich kann sie nicht wirklich verstehen, gerne hätte ich ihre Geschichte erfahren. Ein vollständiges Gespräch scheint jedenfalls unmöglich, also gehe ich raus zum Rauchen. Komische Frau, völlig zusammenhangslos. Gott sei Dank kommt unser Essen!

Mein erster Caipi hat mich schon leicht erwischt, und jetzt gibt’s endlich etwas Handfestes: Fleisch mit geschmorten Zwiebeln, zwei Spiegeleiern obendrauf – gewürzt mit einer Art Maggi-Geschmack. Keine Ahnung, was genau das war, aber es schmeckt einfach genial! Dazu gibt es gemischten Salat. Boah, wat lecker!
Neben mir sitzt Tobias mit seiner Frau Sandra und den Kindern. Er erzählt mir seine Geschichte: Seit zwei Jahren sind sie hier, und er ist quasi in „Vaterzeit“. Sie haben sich vom Bodensee bis nach Paraguay durchgeschlagen. Was sie beruflich machen? Keine Ahnung, das habe ich immer noch nicht ganz geschnallt.
Nach und nach löst sich die Runde auf, und nur noch der harte Kern bleibt. Wir rücken näher zusammen, damit wir uns besser unterhalten können. Übrig geblieben sind Michael und Karina, die Wasser in blauen, bauchigen Flaschen verkaufen und gerade Mangoschnaps selbst herstellen. Claudia und Gisbert – sie ist Meisterfriseurin, er vermietet Autos. Barbara und Achim – sie ist Rentnerin und war früher selbstständig mit einem Dekorladen, er ist Versicherungsmakler. Naja, und wir eben. :-)
Da wir uns alle ganz sympathisch finden, verabreden wir uns für morgen auf den „Deutschen Markt“ in San Bernardino. Ich bin gespannt, wie viel deutsches wir mitten in Südamerika wohl antreffen werden!
Wie es weitergeht? Das erfahrt ihr beim nächsten Mal. Bis dahin – bleibt gesund!
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